
Customer Data Platform (CDP) – So verbessern Unternehmen ihr Kundenverständnis
Benedict Breitenbach
Mon Jun 23 2025

Inhaltsverzeichnis
Wer ein iPhone besitzt, kennt vermutlich die Funktion „Bildschirmzeit“. Sie zeigt nicht nur, wie viel Zeit man täglich mit dem Smartphone verbringt, sondern liefert auch überraschend detaillierte Einblicke: Wie viele Minuten auf Instagram? Wie oft wurde das Gerät entsperrt? Welche App schickt die meisten Push-Nachrichten? Wer sich damit einmal bewusst beschäftigt hat, merkt schnell: Unser digitales Verhalten ist messbar – und voller Muster.
Solche Daten, die im Kleinen über unsere Gewohnheiten und Interessen Auskunft geben, sind auch im grossen Massstab für Unternehmen hochrelevant. Denn überall dort, wo wir uns online bewegen – beim Surfen im Web, beim Einkaufen, bei der Nutzung von Apps oder dem Lesen eines Newsletters – hinterlassen wir Spuren. Für Unternehmen steckt darin enormes Potenzial: Wer versteht, wie wann und womit Kund:innen interagieren, kann Kommunikation, Angebote und Services gezielt darauf zuschneiden.
Diese digitalen Spuren können für Unternehmen wertvoll sein – vorausgesetzt, sie werden systematisch erfasst und ausgewertet.
Diese Aufgabe übernehmen sogenannte Customer Data Platforms (CDPs).
Was ist eine Customer Data Platform?
Eine Customer Data Platform (CDP) ist eine Softwarelösung, die Kundendaten aus verschiedenen Quellen zentral zusammenführt, vereinheitlicht und dauerhaft speichert. Ziel ist es, ein umfassendes, aktuelles Profil jeder einzelnen Person zu erstellen – über alle Kanäle hinweg.
Im Gegensatz zu Systemen wie einem CRM (Customer Relationship Management) oder einem Data Warehouse, die häufig für spezifische Abteilungen oder historische Analysen konzipiert sind, wurde die CDP von Anfang an dafür entwickelt, First-Party-Daten für personalisierte Massnahmen in Echtzeit zugänglich zu machen. Sie ist keine Datenablage, sondern eine operative Plattform, die Daten nicht nur speichert, sondern auch für Marketing, Vertrieb oder Kundenservice direkt nutzbar macht.
CDPs integrieren Daten aus einer Vielzahl von Quellen – etwa Webseiten, Apps, E-Mail-Kampagnen, Kassensystemen oder Support-Tools – und führen diese zu einem konsolidierten Kundenprofil zusammen. Dieses Profil kann dann z. B. genutzt werden, um gezielte Marketingbotschaften auszuspielen, Nutzer:innen in bestimmte Segmente einzuordnen oder personalisierte Produktempfehlungen zu geben.
Ein zentrales Merkmal: Die Daten in einer CDP sind personenbezogen und dauerhaft miteinander verknüpft. Das bedeutet: Interaktionen werden nicht nur einzeln erfasst, sondern im Kontext einer konkreten Person gespeichert und im Zeitverlauf aktualisiert.
Wie funktioniert eine CDP?
Eine CDP ist mehr als nur eine Datenbank – sie besteht aus mehreren funktionalen Ebenen, die eng miteinander verzahnt sind. Ihr Ziel: Daten aus verschiedensten Quellen zusammenzuführen, zu analysieren und sofort nutzbar zu machen. Der typische Aufbau lässt sich in vier zentrale Schritte gliedern:
1. Datenerfassung
CDPs integrieren Daten aus verschiedenen internen und externen Quellen: Webseiten, Mobile Apps, CRM-Systeme, Newsletter-Tools, Kassensysteme oder sogar IoT-Geräte. Dabei handelt es sich um strukturierte Daten (z. B. Kundennummern, Bestellhistorien) genauso wie um unstrukturierte Informationen (z. B. Klickverhalten oder Support-Tickets).
2. Datenvereinheitlichung und Identitätsauflösung
Ein zentrales Element ist die sogenannte Identitätsauflösung. Sie sorgt dafür, dass mehrere Interaktionen – z. B. ein Website-Besuch am Laptop und ein Kauf per Smartphone – derselben Person zugeordnet werden können. Technisch geschieht dies über eindeutige Identifier wie E-Mail-Adressen, Log-ins oder geräteübergreifende IDs.
3. Profilbildung und Segmentierung
Aus den zusammengeführten Daten erstellt die CDP ein konsolidiertes, dynamisches Kundenprofil. Dieses Profil wächst mit jeder neuen Interaktion und kann nach bestimmten Regeln in Segmente eingeteilt werden – z. B. „aktive Käuferinnen“, „Warenkorbabbrecher“ oder „hohes Upselling-Potenzial“.
4. Aktivierung
Der letzte Schritt ist die Nutzung der Daten. CDPs stellen die aufbereiteten Profile für andere Systeme bereit – z. B. für E-Mail-Marketing, personalisierte Inhalte auf der Webseite oder gezielte Werbekampagnen. Oft geschieht das über Schnittstellen zu gängigen Tools wie HubSpot, Salesforce, Google Ads oder Meta.
Nutzen und Vorteile einer CDP
Customer Data Platforms bieten Unternehmen einen direkten Zugang zu vernetzten Kundendaten – in Echtzeit und über alle Kanäle hinweg. Der Mehrwert zeigt sich dabei auf verschiedenen Ebenen:
Ganzheitliches Kundenverständnis
CDPs ermöglichen eine 360-Grad-Sicht auf den einzelnen Kunden. Sie verknüpfen frühere Käufe, Interaktionen, Supportanfragen und Verhaltensdaten zu einem kontinuierlich aktualisierten Gesamtbild. Unternehmen wissen dadurch nicht nur wer der Kunde ist, sondern auch was ihn interessiert und wie er sich verhält.
Personalisierung in Echtzeit
Ein zentrales Ziel vieler Marketingabteilungen ist es, Inhalte individuell auf die Nutzer:innen zuzuschneiden. CDPs machen das möglich – und zwar kontextbezogen und aktuell. Ob Produktempfehlungen, Rabattaktionen oder die Auswahl eines Newsletter-Themas: Inhalte können auf Grundlage des individuellen Profils ausgespielt werden.
Effizientere Kampagnen und Segmentierung
Durch präzisere Zielgruppenbildung und automatische Segmentierung lassen sich Streuverluste minimieren. Kampagnen können gezielter geplant und ausgesteuert werden – mit höherer Relevanz und besseren Konversionsraten.
Verknüpfung von Marketing, Vertrieb und Service
CDPs brechen Datensilos auf. Statt isolierter Systeme für jede Abteilung gibt es einen zentralen Datenbestand, auf den verschiedene Teams zugreifen können. Das verbessert nicht nur die Abstimmung, sondern sorgt auch für ein konsistentes Kundenerlebnis über alle Touchpoints hinweg.
Datenschutz und Transparenz
Auch aus Datenschutzsicht bieten CDPs Vorteile: Sie erlauben die zentrale Verwaltung von Consent-Daten und unterstützen Funktionen wie Datenanfragen oder Löschpflichten gemäss DSGVO. Gleichzeitig sorgen sie für mehr Transparenz darüber, wie Kundendaten erhoben und verwendet werden.
Wirtschaftliche Expertise: Customer Data Platforms
Die Nutzung von Customer Data Platforms (CDPs) nimmt weltweit zu. Laut dem CDP Institute wird der Umsatz der CDP-Branche im Jahr 2024 auf 2,5 Milliarden US-Dollar geschätzt, gegenüber 2,3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023. Diese Zahlen verdeutlichen das anhaltende Wachstum und die zunehmende Bedeutung von CDPs für Unternehmen.

Unternehmen, die CDPs implementieren, berichten häufig von einem schnellen Return on Investment (ROI oder zu deutsch Kapitalrendite) . Laut dem "2024 State of the CDP" Bericht von Tealium erzielen 79 % der Unternehmen innerhalb von 12 Monaten nach der Einführung einer CDP einen positiven ROI. Dies unterstreicht die Effektivität von CDPs bei der Verbesserung der Kundenbindung und der Effizienz von Marketingkampagnen.

CDPs scheinen sich also auch wirtschaftlich durchzusetzen und lohnen sich trotz oft hoher Initialinvestitionen schon ab dem ersten Jahr. Dem Trend folgend, kann man perspektivisch sagen, dass die Daten aus CDPs in Zukunft wohl vor allem mit Lösungen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz immer interessanter werden. Beispielsweise im Training von speziellen Chatbots helfen solche Informationen enorm weiter, aber auch für modernes Marketing machen sie einen echten Unterschied. Firmen, die Kundendaten also nicht berücksichtigen und auswerten könnten dadurch in Zukunft im Wettbewerb benachteiligt sein.
Worauf man bei der Einführung einer CDP achten sollte
Die Auswahl und Implementierung einer Customer Data Platform sollte strategisch geplant sein. Die folgenden Punkte gelten als erfolgskritisch:
Klarer Use Case: Möchte das Unternehmen die Datenbasis vereinheitlichen, personalisierte Kampagnen ermöglichen oder kanalübergreifende Nutzerprofile erstellen? Ein klarer Fokus vermeidet Überdimensionierung und hilft bei der Anbieterwahl.
Systemkompatibilität: Bestehende Tools und Plattformen sollten gut an die CDP angebunden werden können – idealerweise via Standardschnittstellen oder Integrationslayer.
Datenschutz & Compliance: DSGVO-Konformität ist ein Muss. Die Plattform sollte z. B. Einwilligungen verwalten, Datenlöschungen umsetzen und Zugriffe nachvollziehbar dokumentieren.
Echtzeitfähigkeit: Wenn z. B. personalisierte Produktempfehlungen oder Session-basiertes Targeting gefragt sind, muss die CDP auf Live-Daten reagieren können.
Interne Zusammenarbeit: Eine CDP bringt mehrere Abteilungen zusammen. Damit sie genutzt wird, braucht es klare Verantwortlichkeiten, Schulungen und interne Kommunikation.
Skalierbarkeit und Zukunftsfähigkeit: Die CDP sollte mit dem Unternehmen wachsen und langfristig auch KI-gestützte Funktionen, kanalübergreifende Orchestrierung oder Predictive Analytics ermöglichen.
Marktüberblick: Beispiele für CDP-Anbieter
Anbieter | Stärke/Anwendungsfeld | DSGVO-Konformität | Preisniveau |
---|---|---|---|
Segment (Twilio) | Entwicklerfreundlich, flexible API-first-Struktur | Grundfunktionen vorhanden, zusätzliche Konfiguration nötig | $$ |
Salesforce CDP | Tiefe Integration in Salesforce-Ökosystem, stark für B2B | DSGVO-Tools integriert, aber komplex in der Umsetzung | $$$ |
Tealium | Echtzeit-Fähigkeit, Datenschutz-Features, gute Integrationen | Starker Fokus auf Consent-Management und DSGVO-Compliance | $$$ |
mParticle | Fokus auf Mobile & App-Daten, gut geeignet für Consumer Brands | Solide Funktionen, Unterstützung für europäische Kunden | $$ |
BlueConic | Marketing-zentriert, einfache Bedienung, stark für Mid-Market | Integriertes DSGVO-Modul, einfach konfigurierbar | $$ |
SAP CDP | Enterprise-orientiert, Integration in SAP-Systemlandschaften | Vollständig DSGVO-konform im Enterprise-Kontext | $$$ |
Hinweis zur Interpretation: DSGVO-Konformität ist bei allen Plattformen grundsätzlich möglich – aber wie gut sie in der Praxis umgesetzt wird (z. B. über UI, APIs, Automatisierungen), hängt vom Anbieter und der konkreten Implementierung ab.
Customer Data Platforms helfen Unternehmen dabei, Kundendaten zentral zu sammeln, zu verknüpfen und nutzbar zu machen – eine Grundlage für personalisierte Kommunikation und effizientes Marketing. Wer die richtige Plattform wählt und sie strategisch einführt, profitiert von besseren Kundenbeziehungen, mehr Relevanz und höherer Wettbewerbsfähigkeit.
Angesichts wachsender Datenmengen und steigender Erwartungen ist jetzt der richtige Zeitpunkt, sich mit dem Thema zu befassen – bevor andere den entscheidenden Vorteil haben.
