
Welches System passt zu Ihrem Unternehmen: DMS, ECM oder Archiv?
Hanna Lorenzer
Wed Jul 02 2025

Inhaltsverzeichnis
- Dokumentenmanagementsystem (DMS): Der Einstieg in die digitale Dokumentenwelt
- Enterprise Content Management (ECM): Die zentrale Steuerung aller Inhalte
- Archivsystem: Die Garantie für rechtssichere Aufbewahrung
- Wann passt welches System?
- Warum die Begriffe oft vermischt werden
- Was Sie vor der Einführung unbedingt klären sollten
- Rechtliche Anforderungen im Überblick
- Integration und Schnittstellen: Warum die Anbindung so wichtig ist
- Zukunftsausblick: Wohin sich die Systeme entwickeln
ECM, DMS oder Archivsystem – drei Begriffe, die häufig verwechselt werden. In diesem Beitrag lernen Sie, was diese Systeme jeweils leisten, wie sie sich unterscheiden und welches für Ihre Organisation geeignet ist.
Dokumentenmanagementsystem (DMS): Der Einstieg in die digitale Dokumentenwelt
Ein Dokumentenmanagementsystem, kurz DMS, ist eine Softwarelösung zur strukturierten Ablage, Verwaltung und Wiederauffindbarkeit digitaler Dokumente. Typische Anwendungsfälle sind etwa das digitale Verwalten von Rechnungen, Lieferscheinen, Verträgen oder Protokollen. Die Hauptfunktion eines DMS besteht darin, Papierprozesse durch digitale Workflows zu ersetzen und dabei die Kontrolle über alle im Unternehmen erstellten oder empfangenen Dokumente zu behalten. In der Regel bietet ein DMS-Funktionen wie eine zentrale Dateiablage, Zugriffskontrollen, Versionierung sowie die Möglichkeit, Dokumente nach Schlagworten oder Volltexten zu durchsuchen. Auch Freigabeprozesse und Eskalationsregeln können in modernen DMS-Lösungen definiert werden. Besonders beliebt ist der Einsatz in der Buchhaltung oder in administrativen Bereichen, in denen Dokumente in strukturierter Form eingehen und mit klaren Prozessen verknüpft sind.
Fazit: Ein DMS eignet sich hervorragend für Unternehmen, die zentrale Ablagestrukturen benötigen, ihre Dokumentenverarbeitung digitalisieren und einfache Workflows etablieren möchten. Für komplexe Geschäftsprozesse oder rechtlich verpflichtende Archivierungslösungen stösst es jedoch an Grenzen.
Enterprise Content Management (ECM): Die zentrale Steuerung aller Inhalte
Ein Enterprise Content Management-System – kurz ECM – ist eine ganzheitliche Plattform zur unternehmensweiten Verwaltung, Nutzung und Archivierung digitaler Informationen. Dabei geht es nicht nur um einzelne Dokumente, sondern um alle Arten von Content: E-Mails, Bilder, gescannte Formulare, Metadaten, Audio-Dateien oder strukturierte Daten aus Drittsystemen. Laut dem Digital Office Index 2024 setzen 84 % der Unternehmen ECM-Systeme ein – ein Beleg dafür, wie stark die Nachfrage nach integrierten Content-Plattformen ist. Ein zentrales Merkmal von ECM ist seine modulare Architektur. Es vereint verschiedene Funktionseinheiten wie Input-Management, digitale Akten, Workflow-Engines, revisionssichere Archivierung und oft auch Collaboration-Tools. Im Unterschied zum DMS denkt ECM nicht abteilungsorientiert, sondern integriert unternehmensweit Datenflüsse, Prozesse und Inhalte. So lassen sich beispielsweise Kundenakten automatisch aus CRM, E-Mail-Verkehr, Vertragsdaten und Servicedokumenten zusammensetzen – auf einer gemeinsamen Plattform. ECM-Systeme sind darauf ausgelegt, Informationen entlang ihres gesamten Lebenszyklus zu begleiten: von der Erfassung über die Bearbeitung, Freigabe, Verteilung und Archivierung bis zur Löschung. Dies geschieht unter Berücksichtigung rechtlicher Vorgaben wie DSGVO, GoBD oder GeBüV. Damit bieten ECM-Lösungen eine solide Basis für digitale Compliance und effiziente Zusammenarbeit.
Fazit: ECM-Systeme sind ideal für Organisationen, die ihre Informationsverarbeitung strategisch aufstellen und Prozesse digitalisieren wollen – über Abteilungsgrenzen hinweg. Sie bieten höchste Integrationstiefe, sind aber auch komplexer in der Einführung und bedürfen einer klaren Projektplanung.

Archivsystem: Die Garantie für rechtssichere Aufbewahrung
Ein Archivsystem dient der langfristigen, revisionssicheren und unveränderbaren Speicherung von digitalen Dokumenten und Daten. Es ist vor allem dann notwendig, wenn gesetzliche oder regulatorische Anforderungen eine formelle und beweissichere Archivierung verlangen – etwa bei steuerrelevanten Belegen, Jahresabschlüssen, Verträgen oder Personalunterlagen. Technisch unterscheiden sich Archivsysteme deutlich von DMS und ECM. Sie nutzen spezielle Speichertechnologien wie WORM (Write Once Read Many), erstellen Prüfprotokolle für jeden Zugriff und gewährleisten durch kryptografische Verfahren, dass Inhalte nicht unbemerkt verändert werden können. Darüber hinaus sind Archivsysteme oft zertifiziert – zum Beispiel nach den Anforderungen der GoBD oder GeBüV. Im praktischen Einsatz übernimmt ein Archivsystem häufig die Rolle eines „sicheren Endpunkts“ im Dokumentenprozess: Sobald ein Dokument freigegeben oder abgeschlossen ist, wird es aus dem operativen System entnommen und im Archiv abgelegt – rechtlich einwandfrei und für Jahre rückverfolgbar.
Fazit: Archivsysteme bieten keine Prozesssteuerung oder intelligente Workflows, dafür aber maximale Sicherheit. Sie sind essenziell für Unternehmen, die rechtliche Vorgaben erfüllen müssen – ob als eigenständiges System oder als integriertes Modul innerhalb eines ECM.
Wann passt welches System?
Ein DMS ist besonders geeignet, wenn die digitale Verwaltung von Dokumenten im Vordergrund steht – etwa zur Optimierung von Büroarbeit, zur Vereinfachung der Kommunikation oder zur Ablage geschäftlicher Unterlagen. Es richtet sich eher an operative Anforderungen und ist relativ schnell eingeführt. Ein ECM ist sinnvoll, wenn unternehmensweite Prozesse, Content-Integration und Compliance aus einer Hand gesteuert werden sollen. Es ermöglicht eine ganzheitliche Informationsstrategie und schafft Transparenz, Effizienz sowie Skalierbarkeit. Ein Archivsystem wiederum ist unverzichtbar, wenn Daten manipulationssicher, langfristig und nachweisbar gespeichert werden müssen – also überall dort, wo Gesetze oder interne Richtlinien dies verlangen. DMS Factory betont, es erfüllt vor allem regulatorische und juristische Anforderungen, weniger funktionale oder organisatorische.

Warum die Begriffe oft vermischt werden
Im Alltag werden die Begriffe DMS, ECM und Archivsystem oft durcheinandergeworfen – nicht nur von Anwendern, sondern auch in Marketingmaterialien der Anbieter. Häufig wird etwa ein DMS als „vollwertiges ECM“ beworben oder ein Archivsystem mit erweiterten Funktionen verwechselt. Das liegt auch daran, dass viele Systeme heute modular aufgebaut sind: Ein DMS kann Archivfunktionen beinhalten, ein ECM kann mit einem DMS-Modul starten, ein Archivsystem kann an ein DMS angedockt werden. Entscheidend ist jedoch, was technisch und rechtlich tatsächlich abgedeckt ist – und was nicht. Nur weil ein System Dokumente „speichern“ kann, heisst das noch lange nicht, dass diese Aufbewahrung revisionssicher im Sinne der GoBD oder GeBüV erfolgt.
Was Sie vor der Einführung unbedingt klären sollten
Ein häufiger Fehler in Digitalisierungsprojekten ist es, sofort ein Produkt auszuwählen, ohne die tatsächlichen Anforderungen zu analysieren. Deloitte berichtet, dass 59 % der Transformationsprojekte zumindest teilweise scheiterten, häufig aufgrund unzureichender Bedarfsanalyse. Dabei sollte jeder Systementscheid mit einer strukturierten Bedarfsanalyse beginnen: Welche Art von Informationen verwaltet mein Unternehmen? Welche Prozesse sollen abgebildet werden? Welche Compliance-Vorgaben gelten? Werden Daten von mehreren Abteilungen genutzt oder bearbeitet? Wer diese Fragen nicht sauber beantwortet, läuft Gefahr, ein System zu wählen, das später erweitert oder gar ersetzt werden muss. Besonders heikel wird es, wenn rechtliche Anforderungen ignoriert werden – etwa wenn steuerlich relevante Daten in einem System landen, das keine lückenlose Protokollierung unterstützt.
Rechtliche Anforderungen im Überblick
In Deutschland verpflichtet die GoBD Unternehmen zur revisionssicheren Aufbewahrung aller steuerlich relevanten Dokumente. Die Schweiz regelt ähnliche Vorgaben in der GeBüV. Die DSGVO wiederum schreibt vor, dass personenbezogene Daten nachvollziehbar verarbeitet und auf Wunsch gelöscht werden können. Wer hier keine durchgängige Systemlogik hat, riskiert bei Prüfungen empfindliche Konsequenzen. Ein klassisches DMS genügt oft nicht, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Erst durch die Kombination mit einem zertifizierten Archivsystem oder durch die Nutzung eines ECM mit integriertem Archivmodul kann die Einhaltung solcher Vorschriften zuverlässig gewährleistet werden. Die rechtssichere digitale Archivierung ist also keine Zusatzfunktion – sie ist in vielen Fällen verpflichtend. Laut den GoBD sind elektronische Unterlagen so aufzubewahren, dass sie jederzeit vollständig, unverändert und maschinell auswertbar bleiben. Jede Veränderung muss prüfbar protokolliert sein.
Integration und Schnittstellen: Warum die Anbindung so wichtig ist
Egal ob DMS, ECM oder Archivsystem – ein zentrales Kriterium für die Alltagstauglichkeit ist die Integration in bestehende IT-Systeme. Dazu zählen ERP-Systeme wie SAP oder Microsoft Dynamics, CRM-Lösungen, E-Mail-Clients oder Projektplattformen. Während einfache DMS-Lösungen oft autark arbeiten, zeichnen sich moderne ECM-Systeme durch eine hohe Integrationsfähigkeit aus. Damit lassen sich Inhalte nicht nur erfassen und speichern, sondern auch automatisch klassifizieren, verknüpfen und in Workflows einbinden. Auch für Archivsysteme gilt: Je besser die Anbindung funktioniert, desto eher ist gewährleistet, dass die Übergabe der Daten korrekt und vollständig erfolgt. Eine fehlerhafte oder lückenhafte Archivierung kann im Zweifel dazu führen, dass Dokumente bei Betriebsprüfungen nicht anerkannt werden.
Zukunftsausblick: Wohin sich die Systeme entwickeln
Compliance-Prozesse werden zunehmend durch KI und Automation optimiert – laut Deloitte ein zentraler Trend der Digitalisierung. Die Entwicklung im Bereich ECM, DMS und Archivierung schreitet deshalb rasant voran. Immer mehr Systeme setzen auf KI-gestützte Klassifizierung, automatische Metadaten-Erkennung oder kontextbasierte Suchfunktionen. Gleichzeitig verlagern sich viele Lösungen in die Cloud – nicht nur aus Kostengründen, sondern auch wegen Flexibilität und Skalierbarkeit. Auch hybride Architekturen (On-Premises + Cloud) werden immer häufiger nachgefragt. „Laut Bitkom setzen bereits 76 % der Unternehmen auf Cloud Computing – ein Trend, der auch ECM- und Archivsysteme zunehmend betrifft. Ein weiteres Zukunftsthema ist die Automatisierung von Compliance: Systeme werden künftig nicht nur die Ablage, sondern auch die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften proaktiv unterstützen. Wer heute in moderne Lösungen investiert, sollte darauf achten, dass die Systeme offen, modular und updatefähig sind – damit sie auch morgen noch zum Unternehmen passen.
Die Begriffe DMS, ECM und Archivsystem stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern ergänzen sich funktional. Viele Unternehmen setzen auf eine Kombination aus allen drei: Ein DMS bildet die Basis für digitale Abläufe, ein ECM integriert Prozesse und Systeme unternehmensweit – und ein Archivsystem sorgt im Hintergrund für rechtssichere Langzeitaufbewahrung. Die Herausforderung liegt darin, die richtigen Schwerpunkte zu setzen: Welche Rolle soll das System spielen? Welche Daten und Prozesse sind zentral? Welche regulatorischen Anforderungen gelten? Nur mit diesen Antworten lässt sich die passende Systemarchitektur entwerfen – skalierbar, sicher und zukunftsfähig.

