OriginStamp Logo
Frau errechnet Gehälter.

ITSG-Zertifizierung: Was Unternehmen und Softwareanbieter wissen müssen

Benendict Breitenbach

Mon May 26 2025

graphical element

Inhaltsverzeichnis

Wer in Deutschland Daten an die gesetzliche Sozialversicherung übermitteln möchte – etwa im Rahmen von Lohnabrechnungen, Beitragsnachweisen oder Beschäftigtenmeldungen –, muss bei der Auswahl an Software technischen Lösungen aus einer Reihe an Möglichkeiten, auf die jeweilige ITSG- Zetifizierung achten.

Die Informationstechnische Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung (ITSG) prüft und zertifiziert Softwarelösungen, die im Rahmen des elektronischen Meldeverfahrens zur Sozialversicherung eingesetzt werden. Die Zertifizierung ist keine blosse Formalität, sondern eine technische Voraussetzung: Nur geprüfte Software darf am Datenaustausch mit Krankenkassen und anderen Sozialversicherungsträgern teilnehmen.

Dieser Beitrag beleuchtet, was hinter der ITSG-Zertifizierung steckt, welche technischen und organisatorischen Anforderungen erfüllt werden müssen und wie der Zertifizierungsprozess abläuft. Ziel ist es, ein fundiertes Verständnis für dieses wichtige digitale Qualitätssiegel zu schaffen – für Softwareanbieter, IT-Projektverantwortliche und alle, die mit digitaler Entgeltabrechnung und Meldeverfahren befasst sind.

Was ist die ITSG?

Die ITSG ist ein gemeinsames Unternehmen der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland. Ihr Hauptauftrag: die technische Organisation und Überwachung des elektronischen Datenaustauschs zwischen Arbeitgebern, Softwareherstellern und den Trägern der Sozialversicherung – darunter Krankenkassen, Rentenversicherung, Unfallversicherung und Bundesagentur für Arbeit.

Die ITSG wurde gegründet, um einheitliche Standards für die elektronische Kommunikation im Rahmen des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung zu schaffen und sicherzustellen, dass alle beteiligten Systeme miteinander kompatibel, sicher und gesetzeskonform arbeiten. Sie übernimmt damit eine zentrale Rolle in der Digitalisierung des deutschen Sozialversicherungssystems.

Ein besonderer Fokus liegt auf dem sogenannten DEÜV-Verfahren (Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung), das regelt, wie Unternehmen bestimmte Meldungen – etwa zu Beginn oder Ende eines Beschäftigungsverhältnisses – an die Sozialversicherungsträger übermitteln müssen. Die ITSG stellt sicher, dass nur technisch geprüfte und zugelassene Softwarelösungen für diese Zwecke verwendet werden.

Kurz gesagt: Die ITSG agiert als technisches Prüf- und Koordinationsorgan, das im Hintergrund dafür sorgt, dass der digitale Informationsfluss zwischen Wirtschaft und Sozialversicherung reibungslos und rechtskonform abläuft.(ITSG About Us)

Was bedeutet ITSG-Zertifizierung?

Die ITSG-Zertifizierung ist ein offizielles Prüf- und Zulassungsverfahren, das sicherstellt, dass eine Softwarelösung den technischen und rechtlichen Anforderungen des elektronischen Meldeverfahrens zur Sozialversicherung in Deutschland entspricht. Sie ist nicht optional, sondern eine gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzung für alle Anwendungen, die am Datenaustausch mit Sozialversicherungsträgern teilnehmen möchten – insbesondere im Bereich der Lohn- und Gehaltsabrechnung.

Im Rahmen der Zertifizierung überprüft die ITSG, ob eine Software:


  • alle relevanten gesetzlichen Vorgaben korrekt umsetzt,

  • die geforderten Datensatzformate und Kommunikationsstandards einhält,

  • sicher und zuverlässig mit den Systemen der Sozialversicherungsträger kommunizieren kann.


Die Prüfung erfolgt auf Basis der von den Vorsitzenden der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-Spitzenverband) und den Sozialversicherungsträgern definierten „Gemeinsamen Grundsätze für das Meldeverfahren“, die unter anderem festlegen, wie DEÜV-Meldungen, Beitragsnachweise oder Entgeltbescheinigungen digital übermittelt werden müssen.

Nur wenn eine Software alle Anforderungen erfüllt, wird sie mit einem gültigen Zertifikat ausgezeichnet. Dieses ist in der Regel zeitlich befristet und muss bei Änderungen am System, bei neuen gesetzlichen Anforderungen oder im Rahmen regelmässiger Aktualisierungen erneuert werden.

Für Softwarehersteller bedeutet die ITSG-Zertifizierung:


  • Transparenz und Planungssicherheit, da klar definierte technische Anforderungen erfüllt werden müssen,

  • Marktzugang, da zertifizierte Software als Voraussetzung für die Teilnahme am Meldeverfahren gilt,

  • und nicht zuletzt: Vertrauensbildung gegenüber Kunden, die sich auf die Konformität mit den gesetzlichen Vorgaben verlassen müssen.


Der Zertifizierungsprozess im Überblick

Die ITSG-Zertifizierung folgt einem klar strukturierten Prüfverfahren, das darauf abzielt, die technische und rechtliche Konformität einer Softwarelösung mit dem Meldeverfahren zur Sozialversicherung zu gewährleisten. Dieser Prozess gliedert sich in mehrere Schritte und ist sowohl für neue als auch für bestehende Softwareprodukte relevant, insbesondere bei grösseren Updates oder Änderungen der gesetzlichen Vorgaben.

1. Antragstellung und Dokumentation
Der erste Schritt ist die Anmeldung bei der ITSG. Hierbei müssen grundlegende Informationen zur Software sowie technische Dokumentationen eingereicht werden, darunter Angaben zur Datenverarbeitung, Schnittstellennutzung und Sicherheit.

2. Technische Prüfung durch die ITSG
Nach Eingang der Unterlagen erfolgt eine detaillierte Analyse der Software. Dabei wird geprüft, ob alle technischen Anforderungen erfüllt sind – zum Beispiel in Bezug auf Datenformate, Übertragungswege oder Plausibilitätsprüfungen. Häufig werden in dieser Phase auch Testdaten übermittelt und simulierte Meldungen verarbeitet.

3. Korrekturschleifen und Nachbesserungen
Es ist nicht unüblich, dass die erste Prüfung kleinere Mängel aufdeckt. Die Hersteller erhalten dann Gelegenheit, entsprechende Nachbesserungen vorzunehmen und erneut zu testen. Dieser iterative Prozess kann je nach Komplexität der Software einige Wochen in Anspruch nehmen.

4. Abschlussprüfung und Zertifikatsvergabe
Sind alle Anforderungen erfüllt, stellt die ITSG das Zertifikat aus. Dieses ist in der Regel ein Jahr gültig und muss bei relevanten Änderungen oder nach Ablauf verlängert werden. Die zertifizierte Software wird dann in das zentrale Verzeichnis der ITSG aufgenommen, das öffentlich zugänglich ist.

5. Regelmässige Re-Zertifizierung
Auch nach erfolgreicher Zertifizierung bleiben Hersteller in der Pflicht: Bei jeder signifikanten Änderung an der Software oder bei Neuerungen im rechtlichen Rahmen muss die Lösung erneut geprüft und zugelassen werden.

Dieser strukturierte Ablauf stellt sicher, dass nur technisch verlässliche und gesetzeskonforme Systeme im sensiblen Bereich der Sozialversicherung eingesetzt werden. Für viele Anbieter ist die Zertifizierung daher fester Bestandteil der Produktentwicklung und -pflege.

Was bringt die ITSG-Zertifizierung - Auf einen Blick

Das stellt die ITSG-Zertfizierung sicher.

Herausforderungen und typische Stolpersteine im Zertifizierungsprozess

Auch wenn der Zertifizierungsprozess klar definiert ist, bringt er in der Praxis einige Herausforderungen mit sich – vor allem für Teams, die den Aufwand unterschätzen oder keine Erfahrung mitbringen. Zu den häufigsten Stolpersteinen zählen:

Technische Komplexität
Die ITSG legt grossen Wert auf die korrekte Umsetzung der DEÜV-Formate, Meldeinhalte und Schnittstellenprotokolle. Schon kleinere Abweichungen in den Datenstrukturen oder Plausibilitätsprüfungen können zur Ablehnung führen. Eine gute Vorbereitung und saubere Implementierung ist daher entscheidend.

Interpretation der Anforderungen
Nicht alle Vorgaben sind technisch eindeutig formuliert. Oft ist es notwendig, Rücksprache mit der ITSG zu halten, um Unklarheiten zu beseitigen – insbesondere bei Spezialfällen oder neuen Anforderungen.

Fehlende Testabdeckung
Manche Anbieter verlassen sich ausschliesslich auf ihre internen Tests. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass gezielte Testszenarien mit realitätsnahen Fällen essenziell sind, um Überraschungen bei der Zertifikatsprüfung zu vermeiden.

Zeitlicher Aufwand
Der gesamte Prozess kann mehrere Wochen bis Monate in Anspruch nehmen, insbesondere wenn Nachbesserungen erforderlich sind. Verzögerungen entstehen häufig durch unvollständige Unterlagen oder fehlende Ressourcen im Projektteam.

Gesetzesänderungen und Updatepflichten
Nach einer erfolgreichen Zertifizierung ist die Arbeit nicht vorbei. Gesetzliche Anpassungen oder veränderte Rahmenbedingungen führen regelmässig dazu, dass Software nachzertifiziert werden muss. Wer hier nicht rechtzeitig reagiert, riskiert, dass das Zertifikat seine Gültigkeit verliert.

Die ITSG-Zertifizierung entwickelt sich kontinuierlich weiter – getrieben durch gesetzliche Anpassungen, technologische Fortschritte und neue Anforderungen an den digitalen Datenaustausch im Sozialversicherungswesen. Für Anbieter von Entgeltabrechnungs- und HR-Systemen bedeutet das: Stillstand ist keine Option. Die ITSG gibt so jährlich einen Rückblick und Ausblick:

1. Stärkere Automatisierung von Prüfprozessen
Die ITSG arbeitet daran, Prüfverfahren technischer und effizienter zu gestalten. Ziel ist es, Abläufe teilweise zu automatisieren, etwa bei der Vorprüfung von Datensätzen oder bei wiederkehrenden Validierungsschritten. Das kann langfristig zu schnelleren Durchlaufzeiten führen – allerdings steigen damit auch die Anforderungen an die Testqualität auf Herstellerseite.

2. Fokus auf Datensicherheit und DSGVO-Konformität
Mit der zunehmenden Digitalisierung steigen auch die Anforderungen an den Schutz sensibler personenbezogener Daten. Die Zertifizierung prüft mittlerweile stärker, wie Softwarelösungen mit Datenschutz, Datenverschlüsselung und sicheren Übertragungswegen umgehen. Auch das Thema revisionssichere Protokollierung rückt in den Vordergrund.

3. Cloudbasierte Systeme im Aufwind
Immer mehr Anbieter setzen auf Cloudlösungen. Auch hier gilt: Eine Zertifizierung durch die ITSG ist Pflicht, sofern die Software für den offiziellen Datenaustausch genutzt wird. Dabei spielen zusätzliche Aspekte wie Mandantenfähigkeit, Skalierbarkeit und API-Sicherheit eine wichtige Rolle in der Bewertung. Aber auch die interne Vernetzung ist wichtig - wo werden die Daten gespeichert. Mehr zu dem Thema, wieso gerade Cloud basierte Anbieter oft Probleme mit der DSGVO bekommen finden sie in diesem Beitrag.

4. Regelmässige Anpassungen durch Gesetzesreformen
Änderungen im Sozialversicherungsrecht – etwa neue Meldepflichten, Anpassungen bei Übergangsregelungen oder Fristsetzungen – erfordern laufende Updates. Die ITSG reagiert darauf mit aktualisierten Prüfkatalogen und Vorgaben, sodass Softwareanbieter ihre Systeme regelmässig anpassen und neu prüfen lassen müssen.

5. Wachsende Bedeutung für Anbieter kleinerer Speziallösungen
Während früher vor allem grosse Anbieter im Fokus standen, müssen heute auch kleinere Softwarelösungen mit Schnittstellen zur Sozialversicherung zertifiziert sein. Das betrifft etwa Tools für Gehaltsabrechnung, Zeiterfassung oder Bescheinigungswesen mit Exportfunktionen.

Technisches Siegel, strategische Verantwortung

Die ITSG-Zertifizierung ein zentraler Bestandteil einer gesetzeskonformen und zukunftsfähigen Lohnabrechnung und betrifft jedes Unternehmen mit angestellten in Deutschland. Wer in seinem Unternehmen Verantwortung für HR- oder IT-Prozesse trägt, sollte deshalb regelmässig prüfen, ob die verwendeten Softwarelösungen noch den aktuellen Zertifizierungsstandards entsprechen.

Auf dem deutschen Markt gibt viele Softwarelösungen die ganz zugeschnitten auf die Strukturen der einzelnen Unternehmen funktionieren. Nehmen sie sich also heute 10 Minuten Zeit und kontrollieren sie ob sich in ihrem Unternehmen vielleicht ein anderes, eventuell effizienteres Programm finden lässt. Hier ist eine Liste der gängigsten Software mit aktuell bestehender ITSG-Zertifizierung:

  • DATEV Lohn und Gehalt: Weit verbreitet, insbesondere bei Steuerberatern und mittelständischen Unternehmen.

  • Lexware lohn+gehalt: Beliebt bei kleinen Unternehmen aufgrund seiner Benutzerfreundlichkeit und Kosteneffizienz.

  • Sage HR Suite: Bietet umfassende Funktionen für Personalmanagement und Entgeltabrechnung.

  • ADDISON Lohn & Gehalt: Etabliert im Bereich der Lohnabrechnung mit Fokus auf Steuerberater und mittelständische Unternehmen.

  • Personio Payroll: Eine moderne, cloudbasierte Lösung, die sich besonders an kleine und mittelständische Unternehmen richtet. Personio hat kürzlich die ITSG-Zertifizierung erhalten, weshalb es noch nicht sehr bekannt auf dem Markt ist allerdings schnell wächst.

  • Paychex: Dieses Unternehmen bietet gemessen an anderen Unternehmen einen hervoragenden Service und Unterstützung bei der Abwicklung an.

  • zvoove Payroll: Speziell für Personaldienstleister entwickelt, automatisiert diese Software die Erstellung von Lohn- und Gehaltsabrechnungen und ist ITSG-zertifiziert. 

Die ITSG-Zertifizierung stellt also sicher, dass Softwarelösungen im Sozialversicherungsumfeld höchsten Anforderungen an Datensicherheit, Interoperabilität und gesetzliche Konformität genügen.

Noch mehr Lösungen und Vergleiche, sowie eine Einschätzung welche Lösung am besten zu ihrem Unternehmen passt, finden sie mit diesem Tool:

Artistic background pattern in purple