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Leuchtendes violettes Datenschutz-Symbol auf digitalem Hintergrund – Symbolbild für sichere künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen

Künstliche Intelligenz (KI) für Gesundheitssysteme

Leon Kaiser

Fri Mar 28 2025

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Inhaltsverzeichnis

Stell dir vor, du betrittst die Apotheke, um ein e-Rezept einzulösen. Während du wartest, erhältst du eine Benachrichtigung von einer KI-gestützten Gesundheitsplattform: Sie warnt dich, dass das verschriebene Medikament möglicherweise mit einem anderen Präparat kollidiert, das du regelmässig einnimmst. Die App bietet eine direkte Verbindung zu deinem Arzt, um die Medikation anzupassen – und schützt dich so vor potenziellen Risiken. Genau das ist die Stärke künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen: individuelle und schnelle Behandlungen, die im Zweifel Leben retten können. Doch diese Stärke birgt Risiken, insbesondere wenn sensible Patientendaten Europa verlassen.

KI im Gesundheitswesen: Fortschritt mit Nebenwirkungen?

Die medizinische Versorgung steht unter gewaltigem Druck: steigender Ärztemangel, wachsende Patientenzahlen und ein rasant zunehmendes medizinisches Wissen, das selbst von Spezialisten kaum noch bewältigt werden kann.

Laut einer aktuellen Studie der Robert Bosch Stiftung, werden in Deutschland bis zum Jahr 2035 etwa 11.000 Hausarztstellen unbesetzt bleiben. Vier von zehn Landkreisen könnten dann unterversorgt sein.

Ohne technologische Unterstützung droht das System an seine Grenzen zu stossen – genau hier entfaltet KI ihre Stärke.

„Bei bestimmten Erkrankungen, beispielsweise bei Melanomen oder Brustkrebs, ist es schon jetzt so, dass die Befundung besser ist, wenn der Arzt durch KI unterstützt wird.“

Prof. Dr. Karl Lauterbach, Deutscher Bundesminister für Gesundheit im WDR

Wie KI das Gesundheitswesen verändert

  • Bessere Diagnosen: KI analysiert Röntgenbilder, MRT-Scans und Laborwerte präziser und schneller als klassische Methoden und entdeckt Krankheiten wie Tumore oder Herzerkrankungen früher

  • Personalisierte Behandlung: KI-Algorithmen erstellen individuelle Behandlungspläne, zugeschnitten auf genetische und medizinische Besonderheiten jedes Patienten. Wearables, gekoppelt mit KI, ermöglichen sogar eine laufende Gesundheitsüberwachung und proaktive Gesundheitsvorsorge. Dadurch können sie frühzeitig Anzeichen von Krankheiten erkennen und rechtzeitig warnen. Prävention statt Reaktion!

  • Effizienzsteigerung: KI automatisiert zeitaufwendige Verwaltungsaufgaben, sodass Ärzte und medizinisches Personal wieder mehr Zeit für ihre Patienten haben.

Grafik - Anwendungsbereiche von KI im Gesundheitswesen: Diagnostik, Therapie, Verwaltung, Forschung, Prävention.

Welche Risiken birgt KI?

Doch jede Innovation hat ihre Kehrseite. Der immense Datenhunger von KI-Systemen stellt eine massive Herausforderung für den Datenschutz dar:

  • Datenschutzrisiken: Viele Gesundheitsdaten werden in Cloud Umgebungen von internationalen Anbietern gespeichert, insbesondere in den USA. Dies bedeutet, dass Daten den US-Gesetzen unterliegen, die Behörden weitreichenden Zugriff ermöglichen. Selbst bei Verschlüsselung oder Anonymisierung bleibt das Risiko bestehen, dass sensible Informationen missbraucht werden. 2019 wurde bekannt, dass Millionen medizinischer Bilddaten weltweit ungeschützt im Internet abrufbar waren – darunter Röntgenbilder und MRT-Scans

  • Fehlende Transparenz: Bei grossen internationalen Cloud-Anbietern lässt sich oft kaum nachvollziehen, wo genau und unter welchen Bedingungen Patientendaten gespeichert werden. Diese fehlende Kontrolle erschwert eine klare Einhaltung europäischer Datenschutzstandards.

  • Rechtliche Unsicherheiten: Die Abhängigkeit von US-Cloud-Diensten stellt für das europäische Gesundheitswesen ein Risiko dar. Selbst aktuelle Datenschutzvereinbarungen wie das TADPF könnten vor dem Europäischen Gerichtshof erneut scheitern und Unternehmen in eine rechtliche Grauzone drängen. Zudem bleibt unklar, wer im Schadensfall haftet, falls es zu gravierenden Fehlern oder Datenschutzverletzungen kommt. Besonders bei fehlerhaften Diagnosen oder falschen medizinischen Entscheidungen, die durch KI-Systeme getroffen wurden, ist die Verantwortung oft schwer zuzuordnen.

  • Digitale Abhängigkeit: Langfristig könnte die Speicherung europäischer Gesundheitsdaten in aussereuropäischen Clouds zu einer Abhängigkeit von Nicht-EU-Technologien führen. Dies kann Innovationen in Europa hemmen und verhindern, dass europäische Anbieter eigene, sichere KI-Lösungen entwickeln.

Wer speichert unsere Gesundheitsdaten – und wo?

In der DACH-Region speichern Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen Patientendaten meist dezentral. Häufig nutzen sie dafür Cloud-Dienste grosser US-Anbieter wie Amazon AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud. Doch diese Speicherung birgt Risiken, da Daten auf Servern landen, die US-Gesetzen unterliegen – und damit potenziell amerikanischen Behörden zugänglich sind.

US-Dienste vs. europäische Anbieter

US-Dienste und rechtliche Risiken: Cloud-Anbieter mit Sitz in den USA unterliegen dem Cloud Act sowie Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA). Diese Gesetze ermöglichen es US-Behörden unter bestimmten Bedingungen, auf gespeicherte Daten zuzugreifen – selbst dann, wenn sich die Server ausserhalb der USA befinden. Auch verschlüsselte oder anonymisierte Gesundheitsdaten könnten potenziell von diesen Gesetzen betroffen sein. Es ist zudem für europäische Unternehmen und Patienten oft schwer nachzuvollziehen, wann und in welchem Umfang solche Zugriffe erfolgen.

Europäische Anbieter: Europäische Cloud-Anbieter setzen auf DSGVO-konforme Speicherung innerhalb der EU. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) schreibt strenge Schutzmassnahmen für personenbezogene Daten vor, darunter die Notwendigkeit einer expliziten Einwilligung der betroffenen Personen und transparente Datenverarbeitung. Europäische Anbieter unterliegen diesen Vorschriften und müssen sicherstellen, dass der Zugriff auf Gesundheitsdaten nur im Einklang mit den geltenden Datenschutzgesetzen erfolgt.

Zusammengefasst: Europäische Server bieten einen besseren Schutz vor ungewollten Zugriff und garantieren die Einhaltung strenger Datenschutzrichtlinien.

op-5 Cloud-Anbieter weltweit (Q4/2024): AWS, Azure, Google Cloud, Oracle, Alibaba.

Grafik erstellt auf Grundlage von: Statisa

US-Datenschutz und das TADPF

Das Trans-Atlantic Data Privacy Framework (TADPF) regelt den Datenaustausch zwischen Europa und den USA. Es ersetzt das frühere Privacy Shield, das 2020 vom Europäischen Gerichtshof gekippt wurde, da es nicht ausreichend Schutz vor dem Zugriff US-amerikanischer Behörden bot.

Umsetzung und Kontrolle

  • US-Unternehmen können sich freiwillig zertifizieren und verpflichten sich, bestimmte Datenschutzstandards einzuhalten.

  • EU-Bürger haben die Möglichkeit, sich bei Datenschutzverletzungen in den USA zu beschweren, auch über ein eigens geschaffenes Gericht.

  • Das unabhängige Gremium Privacy and Civil Liberties Oversight Board (PCLOB) überwacht die Einhaltung der Massnahmen.

  • Diese ergänzenden Massnahmen sollen das TADPF absichern. Dennoch bleibt es unsicher, ob sie langfristig Bestand haben oder einer erneuten Prüfung durch den Europäischen Gerichtshof standhalten werden.

Die Schwächen des TADPF

  • Es ist nicht dauerhaft sicher, da es auf einer präsidialen Anordnung basiert, die jederzeit geändert werden kann.

  • US-Behörden können weiterhin auf europäische Daten zugreifen.

  • Das Abkommen könnte erneut vom Europäischen Gerichtshof angefochten werden, wie bereits zweimal zuvor von Datenschützern geschehen.

Politische Unsicherheit in den USA: Ein Risiko für Unternehmen

Datenschutzgesetze in den USA sind unbeständig und können sich mit jeder Präsidentschaftswahl ändern. So hat Donald Trump bereits in der Vergangenheit Executive Orders von Biden aufgehoben, die Datenschutz- und KI-Regulierungen betrafen. Es ist daher im Bereich des Möglichen, dass er bestehende Datenschutzvereinbarungen weiter abschwächen oder aufheben könnte, was zu Konflikten mit EU Datenschutzbestimmungen führen würde.

Besonders brisant ist, dass Trump mit dem Privacy and Civil Liberties Oversight Board (PCLOB) unzufrieden ist und bereits Massnahmen ergriffen hat, um dessen Einfluss zu begrenzen. Das PCLOB ist eines der wenigen unabhängigen Gremien, das Datenschutzverstösse durch US-Behörden überwacht.

Zertifizierter Datenschutz: Sicherer Rahmen für Gesundheits-KI

Um Patientendaten in Gesundheits-KI-Systemen wirkungsvoll zu schützen, sind Datenschutz-Zertifizierungen ein wichtiges Instrument. Zertifikate wie ISO/IEC 27001 belegen, dass ein Unternehmen strengste internationale Standards für Informationssicherheit erfüllt. Ergänzend ist speziell für das Gesundheitswesen die Norm ISO 27799 relevant, die den Schutz sensibler medizinischer Daten sicherstellt. Speziell für Europa bietet DSGVO-konforme Zertifizierung, das EuroPriSe (European Privacy Seal) zusätzliche Sicherheit. EuroPriSe garantiert explizit, dass sensible Daten innerhalb der EU verbleiben und höchste Datenschutzanforderungen erfüllt werden.

Europäische Alternativen

Warum Datenhoheit entscheidend ist:Wenn Gesundheitsdaten ausschliesslich in europäischen Rechenzentren gespeichert und verarbeitet werden, bleiben sie vollständig unter Kontrolle der DSGVO. Dies bietet Ärzten, Kliniken und Patienten Rechtssicherheit und langfristigen Schutz vor unerwünschten Zugriffen ausländischer Behörden. Leistungsstarke europäische Cloud-Anbieter wie OVHcloud (Frankreich), IONOS Cloud (Deutschland) oder Exoscale (Schweiz) ermöglichen es, sensible Gesundheitsinformationen ebenso effektiv zu verarbeiten wie US-Anbieter – aber mit deutlich besserer Kontrolle und Datensouveränität.

DSGVO - konforme KI in der Praxis: Europäische KI-Systeme setzen auf „Datenschutz-by-Design“ – ein Konzept, bei dem Datenschutz von Beginn an in die technische Infrastruktur integriert wird. So werden sensible Patientendaten entweder anonymisiert oder direkt vor Ort verarbeitet, ohne jemals in fremde Clouds abzufliessen. Hinzu kommt, dass der EU AI Act klare regulatorische Standards schafft: KI-Systeme im Gesundheitswesen müssen umfassend zertifiziert und regelmässig überprüft werden. Das sorgt nicht nur für Rechtssicherheit, sondern auch für höheres Vertrauen bei Patienten und medizinischem Fachpersonal.

Fazit: KI im Gesundheitswesen – Chancen nutzen, Datenschutz bewahren

Künstliche Intelligenz bietet enorme Möglichkeiten für das Gesundheitswesen – von effizienteren Verwaltungsprozessen über präzisere Diagnosen bis hin zu personalisierten Therapien. Angesichts des zunehmenden Ärztemangels ist der Einsatz von KI kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um die medizinische Versorgung in Europa langfristig zu sichern.

Doch mit den Chancen kommen auch Risiken. Gesundheitsdaten sind zu sensibel, um Kompromisse beim Datenschutz einzugehen. Europa muss an seinen strengen Datenschutzstandards festhalten und diese weiterentwickeln, um Unternehmen eine klare rechtliche Grundlage zu bieten. Die bestehenden Unterschiede im Datenschutzrecht zwischen Europa und den USA verdeutlichen, wie wichtig es ist, die Kontrolle über Gesundheitsdaten nicht aus der Hand zu geben.

Unternehmen sollten jetzt handeln und auf sichere, europäische Lösungen setzen. Die politische Unsicherheit sowie die ungewisse Zukunft des TADPF-Abkommens machen es unerlässlich, sich frühzeitig mit datenschutzkonformen KI-Lösungen auseinanderzusetzen.

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