
Von der Drohne bis zum Traktor: So funktioniert KI-gestützte Landwirtschaft
Benedict Breitenbach
Mon May 19 2025

Inhaltsverzeichnis
Die Landwirtschaft steht vor grossen Herausforderungen: Klimawandel, Ressourcenknappheit und steigende Anforderungen an Nachhaltigkeit setzen Landwirte weltweit unter Druck. Gleichzeitig wächst der Bedarf an effizienten und präzisen Lösungen, um Erträge zu maximieren und gleichzeitig den Ressourceneinsatz zu minimieren. Genau hier setzt die Künstliche Intelligenz (KI) an.
Von autonomen Traktoren über smarte Bewässerungssysteme bis hin zu Vorhersagemodellen für Ernteerträge – KI ist dabei, die Landwirtschaft grundlegend zu verändern. Doch der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht nur in der Entwicklung neuer Softwarelösungen, sondern vor allem in der Verbindung von Software und Hardware. Sensoren, Drohnen und autonome Maschinen liefern wertvolle Daten, die durch KI ausgewertet und in konkrete Handlungen oder Handlungsempfehlungen umgesetzt werden können.
Das IoT (Internet of Things) bildet dabei die Schnittstelle, an der alles zusammenläuft: Es vernetzt Geräte, Maschinen und Systeme miteinander und schafft so eine digitale Infrastruktur, die den Einsatz von KI erst ermöglicht. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die grössten Herausforderungen in der Landwirtschaft, die innovativsten KI-Werkzeuge und konkrete Beispiele aus Deutschland und der Schweiz, um zu zeigen, wie Smart Farming in der Praxis funktioniert.
KI als Schnittstelle – Die Symbiose aus Software und Hardware
Damit KI ihr volles Potenzial in der Landwirtschaft entfalten kann, müssen Softwarelösungen und Hardware nahtlos zusammenarbeiten. Sensoren, Drohnen und autonome Maschinen sind dabei nicht nur Werkzeuge, sondern die Datenquelle, die KI-Systeme mit den notwendigen Informationen versorgt - die Augen und Ohren der KI.
Natürlich kann ein Landwirt auch den Wetterbericht lesen, allerdings vergleicht er diese Daten nicht so ummfassend und schnell mit anderen, wie der Ki das möglich ist. So können rund um die Uhr Wetterberichte zusammen mit pH- und Mineralwerten der Böden verglichen werden. Welche Massnahme ist am effizientesten für den Ressourceneinsatz? Wann ist der optimale Zeitpunkt für die Aussaat, um Arbeitsaufwand und Ertrag zu maximieren?
Hier kommt das eben erwähnte IoT ins Spiel. Es verbindet die verschiedenen Komponenten – von Sensoren auf dem Feld über Wetterstationen bis hin zu Traktoren – miteinander. Über IoT-Plattformen laufen sämtliche Daten zusammen und werden gebündelt, analysiert und in verwertbare Informationen umgewandelt.
Die zentrale Herausforderung besteht darin, diese enorme Datenmenge zu strukturieren und in Echtzeit auszuwerten. Hierfür werden KI-Systeme eingesetzt, die nicht nur Muster erkennen, sondern auch auf Basis historischer Daten präzise Vorhersagen treffen können.

Herausforderungen in der Landwirtschaft
Die Landwirtschaft steht weltweit unter Druck: Ressourcen werden knapper, Wetterextreme nehmen zu und der Bedarf an Nahrungsmitteln steigt stetig. Gleichzeitig stehen Landwirte vor der Herausforderung, den Einsatz von Düngemitteln, Wasser und Energie so effizient wie möglich zu gestalten. Doch gerade hier können KI-Systeme einen entscheidenden Unterschied machen.
1. Ressourcenknappheit:
Die Menge an verfügbarem Wasser und fruchtbarem Boden ist begrenzt. KI-gestützte Systeme helfen dabei, diese Ressourcen gezielt einzusetzen – beispielsweise durch intelligente Bewässerungssysteme, die den Wasserverbrauch auf Grundlage aktueller Boden- und Wetterdaten optimieren.
2. Klimawandel:
Unberechenbare Wetterlagen erschweren die Planung von Aussaat und Ernte. KI-Systeme können auf Basis historischer und aktueller Wetterdaten Vorhersagen treffen, die den Einsatz von Maschinen und Arbeitskräften besser koordinieren und Ernteausfälle minimieren.
3. Akzeptanz neuer Technologien:
Während Grossbetriebe zunehmend auf smarte Lösungen setzen, fehlt es kleineren Betrieben häufig an Budget und Know-how. KI-Systeme müssen daher nicht nur leistungsfähig, sondern auch benutzerfreundlich und kosteneffizient sein.
4. Datenschutz und Datensicherheit:
Mit der zunehmenden Vernetzung von Maschinen und Systemen steigt auch das Risiko von Datenmissbrauch. Sensible Betriebsdaten wie Bodenanalysen oder Ertragsprognosen müssen vor unbefugtem Zugriff geschützt werden. KI-Systeme, die in der Lage sind, diese Daten zu sichern und gleichzeitig nutzbar zu machen, sind daher ein entscheidender Erfolgsfaktor.
KI-Werkzeuge in der Landwirtschaft
Die Digitalisierung hat in der Landwirtschaft zahlreiche innovative Werkzeuge hervorgebracht. Dabei lassen sich viele bestehende Systeme durch den Einsatz von KI zu echten Allroundern erweitern. Hier ein Überblick über die wichtigsten Anwendungen:
1. Drohnen & Fernerkundung:
Moderne Drohnen sind längst mehr als fliegende Kameras. Ausgestattet mit multispektralen Sensoren und KI-gestützten Analyseprogrammen, können sie den Gesundheitszustand von Pflanzen, Schädlingsbefall und Bodenfeuchtigkeit präzise überwachen.
Beispiele:
Agras T30 (DJI): Drohne zur gezielten Schädlingsbekämpfung und Überwachung von Ernteflächen.
DroneDeploy (USA): Plattform zur Analyse von Luftbildern und Erkennung von Problemzonen im Feld.
2. Präzisionslandwirtschaft:
Die Bodenanalyse bildet die Grundlage für eine bedarfsgerechte Bewirtschaftung. KI-Systeme analysieren Bodenproben und liefern detaillierte Empfehlungen zur optimalen Düngung und Aussaat.
Beispiele:
FarmFacts (Deutschland): KI-gestützte Plattform zur Analyse von Bodendaten und Ertragsprognosen.
Farm24 (Schweiz): Vernetzte Sensoren zur Überwachung von Bodenwerten in Echtzeit.
3. Intelligente Bewässerung:
Wasser ist eine der kostbarsten Ressourcen in der Landwirtschaft. Smarte Bewässerungssysteme erfassen den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens und passen den Wasserverbrauch automatisch an.
Beispiele:
Hortau (Kanada): Sensorbasierte Plattform zur Wasserüberwachung und -steuerung.
Irrigation24 (Deutschland): KI-System zur Vorhersage des optimalen Bewässerungszeitpunkts.
4. Autonome Maschinen:
Vom selbstfahrenden Traktor bis zur autonomen Erntemaschine – KI sorgt dafür, dass landwirtschaftliche Maschinen präzise und ressourcenschonend arbeiten.
Beispiele:
John Deere (USA): Autonome Traktoren, die auf Basis von KI und GPS eigenständig Felder bestellen.
Fendt e100 Vario (Deutschland): Elektrischer, KI-unterstützter Traktor für präzise Feldarbeit.
5. Vorhersagemodelle:
KI-Modelle analysieren historische und aktuelle Daten, um Vorhersagen über Ernteerträge, Schädlingsbefall oder Wetterverläufe zu treffen.
Beispiele:
Ceres Imaging (USA): Plattform zur Ertragsprognose durch Luftbildanalyse.
Agricon (Deutschland): KI-gestützte Prognosemodelle zur Ertragssteigerung und Schädlingsvorhersage.
Praxisbeispiele aus Europa (Fokus: Deutschland und Schweiz)
Die Implementierung von KI in der Landwirtschaft zeigt bereits messbare Erfolge in Europa. Hier sind einige Beispiele:
Schweiz – KI im Weinbau mit Vineyard Cloud:
In der Schweiz nutzt das Projekt Vineyard Cloud KI-gestützte Analysen, um Winzern präzise Empfehlungen für Bewässerung, Schädlingsbekämpfung und Erntezeitpunkt zu geben. Durch die Integration von Boden- und Wetterdaten konnten Winzer Ertragssteigerungen von bis zu 10 % verzeichnen, während gleichzeitig der Einsatz von Pestiziden um etwa 15 % reduziert wurde.
Deutschland – Präzise Bodenanalyse mit FarmFacts:
Das deutsche Unternehmen FarmFacts, eine Tochtergesellschaft der BayWa AG, bietet KI-gestützte Plattformen zur Analyse von Bodendaten und Ertragsprognosen an. Landwirte, die diese Technologie nutzen, berichten von einer Reduktion des Düngemitteleinsatzes um bis zu 20 % und einer Ertragssteigerung von etwa 8 %.
Europa – Vernetzte Systeme mit SmartAgriHubs:
Das EU-weite Projekt SmartAgriHubs fördert die Implementierung von KI- und IoT-Lösungen in der Landwirtschaft. In einem Pilotprojekt, das autonome Traktoren mit Wetterstationen und Bodenfeuchtigkeitssensoren vernetzte, wurde eine Ertragssteigerung von durchschnittlich 12 % erzielt. Zudem konnten Betriebskosten durch optimierten Ressourceneinsatz um etwa 10 % gesenkt werden.
Ausblick
Die Integration von KI in die Landwirtschaft bietet enormes Potenzial, um Erträge zu steigern, Ressourcen gezielt einzusetzen und Arbeitsabläufe zu optimieren. Doch wie in den Praxisbeispielen deutlich wurde, hängt der Erfolg massgeblich davon ab, wie gut Software und Hardware zusammenarbeiten. Systeme wie FarmFacts und Vineyard Cloud zeigen, dass Ertragssteigerungen von bis zu 10 % und Einsparungen beim Düngemitteleinsatz von bis zu 20 % realistisch sind.
Ethische Aspekte und Risiken:
Doch neben den Vorteilen gibt es auch Risiken, die nicht übersehen werden dürfen. Der zunehmende Einsatz von KI und autonomen Systemen kann langfristig zu einem Rückgang traditioneller Arbeitsplätze führen. Gleichzeitig birgt die Vernetzung von Daten auch Gefahren in Bezug auf Datenschutz und Cyberangriffe. Landwirte müssen daher nicht nur in smarte Technologien investieren, sondern auch in Datensicherheit und Schulungen, um mit den neuen Systemen umzugehen.
Förderprogramme und EU-Richtlinien:
Die EU unterstützt die Digitalisierung und den Einsatz von KI in der Landwirtschaft aktiv. Förderprogramme wie Horizon Europe und Digital Europe bieten Landwirten finanzielle Anreize, um smarte Technologien zu integrieren. Auch das EU-Programm SmartAgriHubs vernetzt landwirtschaftliche Betriebe mit Technologieanbietern und Forschungsinstituten, um die Implementierung von KI-Lösungen zu beschleunigen.
Die Zukunft der Landwirtschaft wird nicht nur smarter, sondern auch stärker vernetzt. KI-Systeme werden zunehmend miteinander kommunizieren und über zentrale Plattformen verwaltet werden. Dabei wird es entscheidend sein, Systeme zu entwickeln, die nicht nur effizient arbeiten, sondern auch den Datenschutz und die Akzeptanz der Landwirte im Blick behalten. Einige der aktuellen Herausforderungen werden dabei vermutlich nur noch mit modernen Lösungen, wie KI, lösbar sein. Klar ist auf jeden künstliche Intelligenz verändert die Landwirtschaft grundlegend.
