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Eine orange glühende Glühbirne mit Wissen auf dem Glas.

Das SECI-Modell einfach erklärt: Wissenstransfer im Unternehmen

Patricia Goeft

Thu May 22 2025

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Inhaltsverzeichnis

Wissen ist Macht – vor allem wenn man es teilt

"Ach, das haben wir früher immer so gemacht..." Solche Sätze hört man oft von erfahrenen Kolleg:innen - beiläufig und fast nebenher. Doch genau darin steckt meist ein Schatz an Wissen - die wertvollste Ressource, die ein Unternehmen besitzt.

In vielen Unternehmen zirkuliert wertvolles Know-how informell und verschwindet oft ungesehen, wenn jemand geht oder Prozesse sich verändern. Dabei ist Wissen eine der wichtigsten Ressourcen für Innovation, Effizienz und Kundenzufriedenheit. Eine Studie von McKinsey zeigt: Verbesserter Wissensaustausch kann die Produktivität um bis zu 25 % steigern.

Doch genau das ist leichter gesagt als getan – besonders, wenn es um stilles Erfahrungswissen aus den Köpfen der Mitarbeiter geht. Wie also lässt sich Wissen nachhaltig dokumentieren, teilen und weiterentwickeln? Wie wird aus individuellem Know-how kollektive Intelligenz?

Eine überzeugende und praxisnahe Antwort darauf liefert das SECI-Modell von Ikujirō Nonaka und Hirotaka Takeuchi.

Was macht das SECI-Modell so wertvoll für Unternehmen?

Das SECI-Modell ist kein abstraktes Theoriekonstrukt, sondern ein praxisnahes Werkzeug, das Unternehmen beim Aufbau und der Pflege eines lebendigen Wissenssystems unterstützt. Der Clou: Es verbindet implizites Wissen ("Wissen aus den Köpfen der Mitarbeiter" z. B. Bauchgefühl und Erfahrung) mit explizitem Wissen ("dokumentiertes Wissen" z. B. dokumentierte Prozesse und Handbücher) – und zeigt, wie dieses Wissen im Unternehmen zirkulieren und wachsen kann. [Quelle: "Die Organisation des Wissens", Hirotaka Takeuchi und Ikujirō Nonaka, 1991]

Das SECI-Modell begreift Wissenstransfer somit nicht als Einbahnstrasse, sondern als dynamischen Prozess – als sogenannte "Wissensspirale", die kontinuierlich neue Erkenntnisse erzeugt.

Die Wurzeln des Modells: Von Japan in die Welt

Das SECI-Modell wurde Anfang der 1990er Jahre von Hirotaka Takeuchi und Ikujirō Nonaka entwickelt. Ihr Ziel: Ein Modell zu entwickeln, das zeigt, wie Wissen entsteht, geteilt und weiterentwickelt wird – nicht statisch, sondern in Bewegung - in einer permanenten Transformation. Veröffentlicht in ihrem wegweisenden Werk "The Knowledge-Creating Company" und später im deutschsprachigen Raum bekannt geworden durch "Die Organisation des Wissens", hat das Modell international Standards gesetzt.

Die vier Phasen des SECI-Modells

Das SECI-Modell beschreibt vier Phasen der Wissensumwandlung, die als Spirale immer wieder durchlaufen werden. SECI steht für: "Socialization, Externalization, Combination, Internalization".

1. Sozialisation -> Lernen durch Beobachtung, Nachahmung und gemeinsames Tun (z.B. durch Buddy-Programme oder Arbeitsgruppen)

2. Externalisierung -> Wissen wird ausgedrückt – z. B. in Anleitungen oder Skizzen (z.B. durch Wikis oder das Soziale Intranet)

3. Kombination -> Vorhandenes Wissen wird kombiniert, strukturiert und erweitert (z.B. durch Abstimmungen oder Sprints)

4. Internalisierung -> Theorie wird zur Praxis, zur verinnerlichten Kompetenz (z.B. durch Schulungen und Trainings)

Diese vier Schritte bilden eine endlose Schleife – die sogenannte Wissensspirale, die mit jeder Runde an Tiefe und Reife gewinnt. [Quelle: "Die Organisation des Wissens", Hirotaka Takeuchi und Ikujirō Nonaka, 1991]

Die 4

Fallbeispiel: Toyota Motor Corporation als Vorreiter

Toyota Motor Corporation, ist ein japanischer Automobilhersteller, der sein Wissen bereits seit 1970 strukturiert und analysiert und damit das SECI-Modell in einem Arbeitsalltag nutzt. Das Modell wird eingesetzt, um gezielt zur Förderung von Innovation und kontinuierlicher Verbesserung durch strukturiertes und effektives Wissensmanagement beizutragen. Quelle

  1. Sozialisation:
    Toyota fördert den Austausch von implizitem Wissen durch regelmässige Meetings und Teamarbeit. Mitarbeitende teilen ihre Erfahrungen und lernen voneinander durch Beobachtung und gemeinsame Problemlösungen.

  2. Externalisierung: Erfahrungen und Erkenntnisse der Mitarbeitenden werden dokumentiert und in Form von Handbüchern, Berichten und Schulungsmaterialien festgehalten. Dies ermöglicht eine breitere Verteilung des Wissens innerhalb des Unternehmens.

  3. Kombination: Verschiedene explizite Wissensquellen werden zusammengeführt, analysiert und in neuen Kontexten sinnvoll weiterverwendet. Beispielsweise werden Produktionsdaten aus verschiedenen Werken kombiniert, um Best Practices zu identifizieren und Prozesse zu optimieren.

  4. Internalisierung: Mitarbeitende wenden das erlernte explizite Wissen in der Praxis an, wodurch es zu implizitem Wissen wird. Durch kontinuierliche Anwendung und Erfahrung wird das Wissen verinnerlicht und in den Arbeitsalltag integriert.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche SECI-Implementierung

Damit das Modell im Unternehmensalltag funktioniert, müssen bestimmte Praktiken im Unternehmen implementiert werden:

  • Offene Kommunikationskultur: Ein Umfeld, in dem Mitarbeitende ermutigt werden, Ideen, Erfahrungen und Fehler offen zu teilen, ist essenziell. Nur so kann implizites Wissen sichtbar gemacht werden.
  • Vertrauen und Wertschätzung: Wissensaustausch erfordert gegenseitiges Vertrauen und das Gefühl, dass Wissen teilen keine Schwäche ist, sondern zur Weiterentwicklung beiträgt.
  • Strukturen für Wissensaustausch: Dazu zählen formelle Formate wie Workshops, Retrospektiven oder Meetings ebenso wie informelle Kanäle, etwa die Kaffeeküchen oder das soziale Intranet.
  • Technologien zur Dokumentation und Verteilung von Wissen: Wikis, Knowledge-Management-Plattformen und Kollaborationstools müssen zugänglich, intuitiv und in die Arbeitsabläufe integriert sein. (Beispielsweise: Clickup oder Confluence; Beleg: Studie der MIT Press)
  • Führung, die Wissen als strategisches Asset versteht: Das Management muss mit gutem Beispiel vorangehen und Wissensmanagement als Teil der Unternehmensstrategie verankern.

Checkliste für die Implementierung des SECI-Modells

Checkliste mit 7 Schritten für die Implementierung des SECI-Modells.

Ein idealer Startpunkt für die SECI-Implementierung liegt in Bereichen mit hohem Erfahrungswissen und engem Austausch, etwa im Kundenservice, in der Produktion oder in der Produktentwicklung. Gerade dort, wo Wissen oft informell weitergegeben wird und der Verlust einzelner Experten spürbare Lücken hinterlässt, lässt sich der Nutzen einer strukturierten Wissensspirale besonders deutlich und schnell realisieren.

Zudem ist Wissensmanagement eine Querschnittsaufgabe, die alle Mitarbeitenden betrifft – doch ohne klare Verantwortung bleibt es oft wirkungslos. Deshalb braucht es zentrale Rollen wie Wissensmanager:innen, Teamleads oder interne Champions, die den Prozess koordinieren, Impulse geben und den Wissenstransfer aktiv fördern.

Chancen und Herausforderungen des Modells

Chancen

  1. Wissen wird zur treibenden Innovationskraft: Durch strukturierten Wissenstransfer entstehen neue Ideen, kreative Lösungsansätze und kontinuierliche Verbesserung im Unternehmen.

  2. Stärkere Mitarbeiterbindung durch Wertschätzung von Expertise: Wenn Know-how sichtbar und geschätzt wird, fühlen sich Mitarbeitende anerkannt und bleiben dem Unternehmen eher treu.

  3. Skalierbarkeit von Know-how: Einmal erfasstes und dokumentiertes Wissen kann unternehmensweit genutzt und an neue Kontexte angepasst werden.

Die Studie von Alavi & Leidner, 2001 belegt, dass Wissensmanagement-Systeme wie das SECI-Modell massgeblich zur Performance-Steigerung in Unternehmen beitragen.

Herausforderungen

  1. Implizites Wissen ist schwer zu greifen: Es bleibt oft unbewusst und muss erst durch gezielte Beobachtung und Kommunikation identifiziert werden.

  2. Zeitmangel im Tagesgeschäft: Der Aufbau einer Wissenskultur braucht Zeit, die oft im operativen Druck fehlt.

  3. Kulturveränderung braucht Geduld: Die Bereitschaft, Wissen zu teilen, muss in vielen Unternehmen erst über längere Zeit aufgebaut werden.

  4. Technologische Hürden oder mangelnde Akzeptanz: Neue Tools oder Prozesse stossen manchmal auf Widerstand, wenn Nutzen und Bedienbarkeit nicht klar vermittelt werden.

Ziele des SECI-Modells im Unternehmen

  1. Aufbau einer lernenden Organisation - Kultur des Lernens und Teilens etablieren

  2. Wissensweitergabe sichern - kein Wissensverlust bei beispielsweise Personalwechsel

  3. Förderung und Beschleunigung von Innovation durch Vernetzung

  4. Strukturierter Wissenstransfer über alle Ebenen implementieren

  5. Steigerung der Effizienz und Produktivität - Fehler vermeiden durch dokumentiertes Erfahrungswissen

Wie kann man Wissensmanagement messen?

Um den Erfolg von Wissensmanagement sichtbar zu machen, braucht es konkrete Kennzahlen. Sie helfen, Fortschritte zu erkennen, blinde Flecken zu identifizieren und gezielt nachzusteuern. Besonders wirkungsvoll sind KPIs, die den Wissenstransfer im Arbeitsalltag direkt abbilden.

Laut einer Studie des FIM Forschungsinstituts lassen sich folgende Kennzahlen (KPIs) identifizieren:

  1. 1. Wissensnutzungsquote
    Anteil der Mitarbeitenden, die regelmässig auf interne Wissensquellen (z. B. Wikis, Datenbanken, Dokumentationen) zugreifen.

  2. 2. Zeit bis zur Wissensanwendung („Time to Knowledge Application“)
    Zeitspanne zwischen dem Bereitstellen von Wissen (z. B. durch eine neue Anleitung) und der ersten tatsächlichen Nutzung im Arbeitskontext.

  3. 3. Anteil wiederverwendeter Wissensobjekte
    Misst, wie viele vorhandene Wissenseinträge (z. B. Prozessbeschreibungen oder Best Practices) mehrfach genutzt werden.

Warum das SECI-Modell in jedes Unternehmen gehört

Das SECI-Modell bietet einen klaren, praxisnahen Rahmen für erfolgreichen Wissenstransfer. Es zeigt, wie Unternehmen aus individuellem Wissen kollektives Kapital machen – eine Voraussetzung für Agilität, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.

Wer heute beginnt, die Wissensspirale systematisch zu nutzen, legt den Grundstein für eine lernende, resiliente Organisation.

Starte jetzt mit der Implementierung des SECI-Modells in deinem Unternehmen. Und beobachte wie sich eine Kultur des Teilens, Lernens und Weiterentwickelns entfaltet. Denn Wissen, das geteilt wird, vermehrt sich – und bringt dein Unternehmen nachhaltig voran.

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